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Gründergeist der Lahnstraße

Eine kleine Geschichte vom Gründergeist der Lahnstraße

 

Es ist, glaube ich, 15 Jahre her, dass ich in die Lahnstraße, die eingebettet zwischen Mainzer Landstraße und Kleyerstraße zu schlummern scheint, gezogen bin. Es war ein Zufall, hier eine bezahlbare Wohnung für mich und meine Familie zu finden: in einer Straße, die zwar ruhig zum Wohnen ist, aber dennoch in unmittelbarer Umgebung alles bietet, was man zum Leben braucht und was darüber hinaus das Leben verschönert.

 

Schade, dass der Italiener in der Schwalbacher Straße, bei dem kalt gepresstes Olivenöl aus Fässern für die Kunden individuell abgefüllt wurde, kurz nach unserem Einzug geschlossen hat. Gerne war ich hin und wieder im griechischen Lebensmittelladen in der Kriegkstraße und blieb dem Laden auch treu, als er sich zu einem Anbieter portugiesischer Spezialitäten wandelte.

 

Mit großer Neugier beobachtete ich, wie sich das kleine Lädchen nebenan, dessen Fenster lange Zeit mit Holzrollläden abgeschottet waren, in eine türkische Pastaci verwandelte. Wo die Chefin höchst persönlich nicht nur süße Leckereien herstellte, sondern auch frisches Börek mit vielerlei Auflagen von Spinat bis Feta-Käse anbot.

 

Auch die Restaurants und Cafes, die uns die Möglichkeit eröffnen, je nach Lust und Laune jederzeit in ganz unterschiedliche kulinarische Kulturen einzutauchen, möchte ich nicht unerwähnt lassen.

 

Diese Beschreibung ist mehr als eine Schwärmerei. Manchmal ist es hilfreich, sich selbst zu vergewissern, welches Potential allein schon in unserem überschaubaren Straßenzug schlummert. Und es ist bei genauerem Hinsehen eine ernüchternde Bilanz von vielfältigem Unternehmergeist, der sich mit Engagement und zum Teil unter Selbstaufopferung und Einsatz ganzer Familien in die lokale Wirtschaft eingebracht hat – und oft scheiterte. Als Bewohner der Lahnstraße erlebe ich täglich hautnah die unterschiedlichen Dynamiken, die Menschen in unser Viertel hineintragen und es damit bereichern.

 

Diese Erfahrungen machen es für mich so schwierig, das Thema des Scheiterns von Geschäftsleuten der lokalen Wirtschaft allein unter dem Aspekt der Migranten-Ökonomie abzuhaken. Mir ist es wichtig, dass wirtschaftliche Interessen und sozial-atmosphärische Aspekte Hand in Hand gehen. Bereits vorhandenen Handlungsräumen sollte die Chance zum Wachstum gelassen werden. Gründergeist und Dynamik sollten nicht als kleidsame Slogans, sondern als an den menschlichen Bedürfnissen und Interessen ansetzende Leitfäden politischen Handelns verstanden werden.

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