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Grün hört zu: Queere Szene im Umbruch

„Das Sterben der queeren Szene …“ Der Arbeitstitel der vergangen Onlinediskussion in unserer Reihe „Grüne hört zu“ las sich zunächst arg martialisch. Der Zweifel an ihm ergab zugleich den roten Faden der Diskussion selbst: Vielleicht ist die schwindende Sichtbarkeit der queeren Szene nur eine Annahme und sie verlagert sich tatsächlich in andere Räume? Welche Zukunft hat sie, brauchen wir sie und welche Anforderungen stellt sie an die Lokalpolitik? Und was heißt "Szene" überhaupt, in Abgrenzung zum Begriff "Community"? WEITERLESEN...

17.02.21 –

„Das Sterben der queeren Szene …“ Der Arbeitstitel der vergangen Onlinediskussion in unserer Reihe „Grüne hört zu“ las sich zunächst arg martialisch. Der Zweifel an ihm ergab zugleich den roten Faden der Diskussion selbst: Vielleicht ist die schwindende Sichtbarkeit der queeren Szene nur eine Annahme und sie verlagert sich tatsächlich in andere Räume? Welche Zukunft hat sie, brauchen wir sie und welche Anforderungen stellt sie an die Lokalpolitik? Und was heißt "Szene" überhaupt, in Abgrenzung zum Begriff "Community"?

Mit diesen Fragen luden die GRÜNEN im Ortsbezirk 1 gemeinsam mit der AG Queer der Kreispartei Anfang Februar schließlich zur Webkonferenz „Queere Szene Frankfurt im Umbruch“ - organisiert von unserem Kommunalwahlkandidat Sebastian Nitz.

Beteiligt waren Expert*innen und rund 60 Zuhörer*innen wie Mitdiskutierende. Allesamt sehen sie statt eines Niedergangs einen wachsenden Bedarf an Anlaufstellen – „Wohnzimmern“, Schutzräumen –, für verschiedene Bedürfnisse. Diese eint, dass LGBTIQ* unbeschwert so sein können, wie sie sind: akzeptiert, frei von Diskriminierung, gar Gewalt. In Frankfurt herrschen halt nicht nur rosarote Verhältnisse. Die Runde stellte einmütig fest, dass verletzende und feindliche Sprüche wie Gewalttaten, insbesondere gegen Transgender, immer noch zu unserer Realität gehören. Es bedarf einigen Muts oder einer Portion Unbekümmertheit dafür, auf offener Straße Hand in Hand zu gehen. Ein Vertreter des sonst so liberalen Kultursektors berichtete sogar von Vorbehalten gegenüber queeren Themen auf der Bühne. Es scheint paradox, so eine These, dass angesichts derartiger Barrieren die Szene selbst nicht frei von Trennendem wie Hass und Rassismus sei.

Eine Szene auch für das Umland

Es drückte sich angesichts dessen die Sehnsucht nach einer gemeinsamen Community aus – so wie sie es allenthalben beim CSD gibt. Das Stadt-Land-Gefälle mit Frankfurt als Zentrum war ein immer wieder angestoßenes Thema. Hier erweist sich die Großstadt als Ankerpunkt für Menschen aus dem Umland. Beide, sowohl Frankfurts queere Gemeinschaft als auch die Menschen von außerhalb, bilden ein Miteinander, das dem einen wie dem anderen hilft und deshalb unterstützenswert ist, hieß es.

Des Weiteren drehte sich die Diskussion um das Zusammenwirken verschiedener „Branchen“ innerhalb des breiten Spektrums queerer Anlaufpunkte. Die Club- und Kneipenszene ergänzen informelle Community-Treffpunkte wie der Konsti-Markt, der Frisör um die Ecke, der neben Dienstleistung auch Raum zum Austausch bietet, und natürlich das Internet. Sie alle sind inzwischen alternative Räume des Zusammenkommens. Die Szene solle sich gleichwohl nicht allein von kommerziellen Angeboten abhängig machen, so ein Kommentar. Denn wenn - wie aktuell in der Pandemiezeit - diese Treffpunkte wegbrechen, fehlen die wichtigen Kontaktzonen. Der anschließende Aufruf forderte grundlegende Vernetzung und Politisierung.

Am Ende schrieben die Beteiligten den anwesenden Lokalpolitiker*innen u.a. folgende Punkte ins Lastenheft:

  • Frankfurts Rolle als Anziehungspunkt für Menschen aus dem Umland müsse gestärkt werden, weil sich dort eine Szene-Infrastruktur noch schwieriger etablieren und pflegen ließe

  • Welche Anlaufstellen es für LGBTIQ* gibt, solle in touristischen Auskünften oder auf Websites der Stadt stärker dargestellt werden

  • LGBTIQ*-freundliche Ort müssen als solche sichtbarer werden, z.B. mit Regenbogensymbolen

  • Barrierefreie queere Orte für Menschen mit Beeinträchtigungen

  • Es werde Geld, Raum und sonstige Ressourcen für die Aufrechterhaltung queerer Informations- und Beratungsstellen gebraucht. Es herrsche eine massive Unterfinanzierung

  • Aufklärungsangebote vor allem für junge Menschen müssen unterstützt werden

  • Eine Vereinfachung der Kontaktaufnahme der Betroffenen durch genderübergreifende Beratungsstellen

  • Die LGBTIQ*-Community muss selbst politischer werden und sich einmischen

  • Anreize für kulturelle Angebote mit queeren Themen, z.B. in Theaterprogrammen

„Die rege Beteiligung zeigt, dass die Sorge in der LGBTIQ*-„Szene“ groß ist, dass Schutz- und Rückzugsräume verloren gehen, und es steht zu befürchten, dass diese Entwicklung durch die Corona-Pandemie noch beschleunigt werden könnte. Wir GRÜNE werden auch in der kommenden Stadtverordnetenversammlung die Interessen der queeren Menschen vertreten und uns dafür einsetzen, dass Anlauf- und Beratungsstellen nicht nur erhalten bleiben, sondern auch gestärkt werden“ fasst die Sprecherin der AG Queer und Kandidatin zur Stadtverordnetenversammlung, Julia Eberz, den Auftrag für die Kommunalpolitik zusammen.

*Lesbian, Gay, Bi-, Trans-, Intersexual, Queer

Kategorie

Sebastian Hakan Nitz | Stadtteilgruppe

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